Bundesrepublik I: Wiederaufbau und Wirtschaftswunder (1945 - 1970)
Am 9. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. Deutschland wurde durch die Einrichtung von vier Besatzungszonen unter den Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion "aufgeteilt". Da sämtliche administrativen und politischen Strukturen zerschlagen waren und sich Deutschland vollständig den Siegermächten unterworfen hatte, waren die Siegermächte auch für die Verwaltung in ihrer jeweiligen Zone zuständig. Das Ziel der Besatzungsmächte war dabei zunächst, Deutschland klein zu halten und es so nie wieder zu einer Bedrohung für seine Nachbarn werden zu lassen.
Die Lebensbedingungen in den ersten Jahren nach dem Krieg waren jedoch erbärmlich und erreichten ihren Tiefpunkt erst im Jahre 1947. Weite Teile des Landes waren eine einzige Trümmerwüste, wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Brücken oder Eisenbahnstrecken waren zerstört, es gab keine staatliche Ordnung. Not und Chaos herrschte in den Straßen. Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge verschärften die eh schon vorhandene Wohnungsnot. Es fehlte besonders an Lebensmitteln und Heizmaterial. So standen 1946 jedem Deutschen pro Tag im Schnitt nur 1000 Kcal zur Verfügung. Zu alledem kamen noch sehr harte Winter 1946 und 1947 hinzu. Das Geld hatte seinen Wert verloren und so stand "Hamstern" auf der Tagesordnung. Der Schwarzmarkt blühte in dieser Zeit.
Der aufkommende kalte Krieg zwischen den entstehenden Militärblöcken in Ost und West sorgte jedoch bald dafür, dass sich die Politik der Besatzungsmächte gegenüber Deutschland änderte, da Deutschland aufgrund der weltpolitischen Lage plötzlich ein gewisses Gewicht hatte. Die "Containment-Politik" Trumanns, die die weltweite Zurückdrängung des kommunistischen Einflusses zum Ziel hatte und der "Marschall-Plan" sorgten für einen beginnenden Aufschwung und für den Wiederbeginn der politischen Selbstverwaltung in den Westzonen. Meilensteine in diesem Prozess waren die Währungsreform 1948, die Verabschiedung des Grundgesetzes am 23.5.1949 und die erste Bundestagswahl am 14.8.1949, bei der Konrad Adenauer Bundeskanzler wurde. Anders verlief die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone. Die 1946 entstandene SED entschied sich für den "sowjetischen Weg". So entstand am 7. Oktober 1949 die DDR. Die Teilung Deutschlands war vollzogen und wurde durch den Mauerbau 1961 zementiert.
Gerade in der amerikanischen Besatzungszone, in der auch Talheim lag, begann die politische Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene relativ früh. So gab es bereits im Januar 1946 die ersten Gemeinderatswahlen. Im Juni wurde Robert Ehrenfried als Bürgermeisteramtsverweser eingesetzt und bei der ersten Bürgermeisterwahl 1948 im Amt bestätigt. Er sollte bis 1977 im Amt bleiben und war immer eng mit dem Liederkranz verbunden.
Der Wiederbeginn der aktiven Vereinstätigkeit beim Liederkranz fällt ins Jahr 1948. Auf Anregung von Robert Edler traf man sich am 5.9.1948 zum ersten Mal im Hochstetter. Dabei beschloss man, mit dem alten Vorstand und als reiner Männerchor weiterzumachen. Bereits zwei Tage später fand dann die erste Singstunde statt, allerdings unter "schwacher Beteiligung". Deshalb wurde im Folgenden für den Verein geworben. Mit Erfolg, denn schon im März 1949 verzeichnet das Protokoll ca. 30 Sänger. Den ersten öffentlichen Auftritt hatte der Verein dann am 29.1.1949 auf dem ersten Familienabend seit 1941. Obwohl die Not in jener Zeit sehr groß war, gab es auch Hoffnung. Hoffnung in die neue Zeit, in eine neue Generation. Da verwundert es nicht, dass das erste Fest, das der Liederkranz feierte, ein Kinderfest (15.5.49) mit Festzug, Karussell und Kinderspielen war. Das Protokoll verzeichnet an diesem Tag "überall Betrieb und frohes Kinderlachen", was in dieser Zeit besonders wichtig war.
Bereits im Jahre 1951 steuerte der Verein wieder in eine schwere Bestehenskrise. Die Finanzlage war schlecht, Robert Edler konnte als Dirigent nicht mehr gehalten werden. Man schloss sich daraufhin mit den Männern des katholischen Kirchenchors "Cäcilia" zusammen und wählte einen neuen, gemeinsamen Vorstand. Das Interesse der Sänger am Verein war offensichtlich so gering, dass eine außerordentliche Mitgliederversammlung zwecks "Weiterbestehen des Vereins" einberufen wurde. Resultat war der Beschluss, dass sich die Sänger des Liederkranzes ab dem 6.12. 1952 den jeweiligen Kirchenchören anschließen und dass man sich einmal im Monat zu einer gemeinsamen Singstunde treffen wolle. Diese fand jedoch nur einmal -am 3.1.1953- statt. Das Protokoll gibt "konfessionelle Gründe" für das Scheitern an. Es sah in diesem Moment so aus, als ob die Geschichte des Liederkranzes Talheim hier zu Ende wäre.
Es waren die Sänger Walter Veil und Hermann Braun, die die Initiative ergriffen und am 21.11.1953 eine Versammlung zwecks Reaktivierung des Vereins einberiefen. Am 3.12.1953 fand dann mit 18 Sängern die erste Singstunde statt, einen Monat später verzeichnet das Protokoll bereits 30 Sänger. Von da an ging es Aufwärts und so liest man im Protokoll von 1956 als Kommentar zum beständigen Zustrom neuer Sänger: "Wenn das so weitergeht, braucht der Verein in Bälde ein anderes Lokal."
Der Aufschwung der Wirtschaftswunderjahre und der Erfolg von Erhardts "sozialer Marktwirtschaft" schlugen sich bis ins Vereinsleben durch. Mit der Wahl von Alfred Reustle zum Vorstand am 13.3.1954 begann eine der aktivsten und erfolgreichsten Dekaden der Vereinsgeschichte. Der Verein veranstaltete in den folgenden Jahren unzählige Feste und Konzerte, beteiligte sich federführend am "Talheimer Herbst" und nahm jedes Jahr an mehreren Sängerfesten in der näheren Umgebung einschließlich des Bundessängerfestes 1956 in Stuttgart teil. Der "Liederkranzfasching ', der zum ersten Mal im Jahre 1959 in Talheim stattfand, wurde bald zu einer festen Institution im Ort und kann als Vorläufer heutiger Faschingsveranstaltungen gesehen werden. Auch sängerisch war der Verein gut in Form: 1962 erreichte er beim Wertungssingen in Lauffen ein "sehr gut".
Es wird auch von vielen geselligen Momenten gesprochen, die ein intaktes Vereinsleben ja gerade ausmachen und zu denen die Sänger Fritz Springer, Hugo Föll und Walter Waglöhner immer einen großen Beitrag leisteten. Ebenso bereicherten Ausflüge und Wanderungen das Vereinsleben.
In dieser Zeit gab es auch intensive Kontakte zu einigen befreundeten Vereinen, zum Beispiel den Gesangvereinen aus Rothenburg ob der Tauber oder Weiher an der Bergstraße. Besonders zu erwähnen ist der sehr enge Kontakt, den man zu den Sängern aus Thalheim im Aargau (Schweiz) pflegte. Es wurde hiermit einer der Grundsteine für die heute noch stattfindenden T(h)alheimer Treffen gelegt, bei denen jedes Jahr Vertreter der T(h)alheims im deutschsprachigen Raum zusammenkommen.
Einer der Höhepunkte der Vereinsgeschichte fällt ebenso in diese Epoche. Vom 31.8. bis 2.9.1957 richtete man im Rahmen des (verspäteten) 75jährigen Jubiläums ein Bezirksliederfest aus, das von der Gausängerzeitung als "Ein Vorbild für künftige Festveranstaltungen" bezeichnet wurde. Man ging dabei einen neuen Weg und verzichtete auf den bis dahin üblichen Festrummel. Die vollkommene Ruhe, die bei den Gesangsvorträgen geherrscht hat, hat dafür gesorgt, dass eine ganz besondere Atmosphäre den intensiven Genuss der dargebotenen Musik ermöglichte. Das in diesem Rahmen veranstaltete Kritiksingen wurde sogar vom Süddeutschen Rundfunk im Radio übertragen. Dabei war dies nicht der einzige Radioauftritt des Vereins. Im Jahr 1961 wirkte der Verein sogar an einer Fernsehsendung des Süddeutschen Rundfunks mit.
Das Bezirksliederfest brachte aber noch eine weitere Neuerung für den Verein: Der gemischte Chor wurde auf Anregung von Dirigent Struckmann gegründet. Somit konnten auch Frauen wieder aktiv im Verein mitwirken. Es gab deshalb zeitweise 3 Chöre unter dem Dach des Liederkranzes: Den Männerchor, den gemischten Chor und die "Schozachschiffer", die Seemannslieder zum Besten gaben.
Und noch ein Fest konnte gefeiert werden: Vom 24. bis 26. Juni 1967 veranstaltete der Verein aus Anlass seines 90-jährigen Bestehens ein Liederfest des Bezirks Lauffen. 20 Vereine waren damals zu Gast und auch dieses Fest wurde für den Verein wieder ein großer Erfolg.
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